Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Interessierte an einer neuen Handelspolitik,
endlich: Handels- und Investitionspolitik ist wieder in den Schlagzeilen! Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Anfang März klargestellt, dass Investitionsschiedsgerichte (ISDS) zwischen EU-Mitgliedstaaten gegen EU-Recht verstoßen. Dieses Urteil wird auch Auswirkungen auf CETA, auf den Energiecharta-Vertrag und auf den geplanten „Multilateralen Gerichtshof“ (MIC) haben – für den der EU-Rat vorgestern das Verhandlungsmandat an die Kommission erteilt hat. Und es könnte den „Anfang vom Ende der Investitionsschutz-Paralleljustiz“ bedeuten! Der EuGH stärkt damit unsere Forderung, Sonderklagerechte für Investoren generell abzuschaffen. Denn ein Instrument, mit dem Konzerne Staaten auf entgangene Profitmöglichkeiten verklagen können, ist undemokratisch und kann enormen Druck auf die Entscheidungsfindung im öffentlichen Interesse ausüben. Informationen zum Gegenstand des EuGH-Verfahrens und zur weitergehenden Bedeutung des Urteils hat der Völkerrechtler Markus Krajewski im Fact Sheet „Die Auswirkungen des Achmea-Urteils des EuGH auf die EU-Investitionspolitik“ zusammengefasst.
Auch ein ganz anderer Akteur erregt derzeit mit handelspolitischen Schlagzeilen die Gemüter: US-Präsident Donald Trump hat Strafzölle auf Aluminium und Stahl angekündigt – und die EU erwägt, mit Gegenmaßnahmen zu kontern. Für die meisten Journalisten, Expertinnen und Politiker in Deutschland und Europa ist die Sache klar: Trump ist Protektionist. Und das ist schlecht. Wer in den vergangenen Jahren gegen TTIP auf der Straße war, gilt als Trump-Freund und Gegnerin der offenen Gesellschaft. Die Wirklichkeit ist natürlich, wie so oft, deutlich komplexer. Dass Trump, Merkel und die EU in der Handelspolitik mehr gemein haben, als viele denken, lässt sich beispielsweise in einem Blogbeitrag von LobbyControl nachlesen. Auch ein aktueller Beitrag in der ZEIT stellt klar, dass die Gegenüberstellung von „gutem“ Freihandel und „schlechtem“ Protektionismus Blödsinn ist.
Über weitere handels- und investitionspolitische Ereignisse der letzten Woche sowie über relevante Publikationen und Termine informieren wir Sie in diesem Newsletter.
+ + + Termin vormerken: Strategie- und Aktionskonferenz am 15./16. Juni + + +
Das Handels- und Investitionsschutzabkommen CETA wird seit September 2017 vorläufig angewendet, die neue Große Koalition will laut Koalitionsvertrag „die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das CETA-Abkommen umfassend in Kraft treten kann“. Etwa 20 weitere Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU sind in Planung, die Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards weiter schwächen und Privilegien internationaler Investoren weiter verfestigen werden.
Wie geht es nun weiter mit der Bewegung für eine demokratische und gerechte Handelspolitik, für den Schutz von Sozial- und Umweltstandards und gegen Sonderklagerechte für Konzerne? Wo stehen wir aktuell und was sind unsere nächsten Schritte? Wie erreichen wir die dringend benötigte Kehrtwende in der deutschen und europäischen Handelspolitik und wie lässt sich der breite Protest der vergangenen Jahre in tatsächliche politische Veränderungen ummünzen?
Auf einer Strategie- und Aktionskonferenz am 15. und 16. Juni 2018 in Frankfurt am Main wollen wir diese Fragen diskutieren. Die Konferenz richtet sich insbesondere an alle Aktiven in lokalen und regionalen Bündnissen und Initiativen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Gemeinsam wollen wir uns weiterbilden, vernetzen und strategische Entscheidungen treffen.
Mehr Informationen unter www.gerechter-welthandel.org/aktionskonferenz
Eine Anmeldung zur Konferenz wird ab Anfang April möglich sein.
+ + + Online-Appel: EU-Mercosur-Abkommen jetzt stoppen! + + +
Der Handelsvertrag der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay steht kurz vor dem Abschluss. Mit ihm kommen Massen an Billigfleisch in die EU. Dagegen können unsere Bäuerinnen und Bauern nicht konkurrieren. Viele müssten ihren Betrieb schließen. Statt Fleisch vom Bauernhof aus der Region gäbe es immer mehr Ware von der globalen Agrarindustrie. Campact hat gemeinsam mit dem Forum Umwelt und Entwicklung, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Kampagne „Meine Landwirtschaft“ eine Online-Petition gestartet, um Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zum Stopp des Abkommens aufzufordern.
Appell hier unterzeichnen: https://aktion.campact.de/mercosur/appell/teilnehmen
+ + + Veröffentlichungen + + +
Trade for all – Handel für alle? Probleme und Reformbedarf der aktuellen EU-Handelspolitik
Die Studie analysiert die neuen Trends und Entwicklungen der aktuellen EU-Handelspolitik. Zunächst werden sektorale Themen wie Landwirtschaft, Dienstleistungen, e-commerce und Investitionsschutz beleuchtet. Im zweiten Teil nehmen die Autoren und Autorinnen regionale Verhandlungen sowie bereits bestehende Handelsabkommen unter anderem mit asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern in den Blick.
Herausgegeben von der AG Handel, Februar 2018
http://www.forumue.de/trade-for-all-handel-fuer-alle/
CETA: Wir fordern umfassende Transparenz bei der Anwendung
Teile des CETA-Handelsabkommens der EU mit Kanada werden bereits vorläufig angewendet, darunter die umstrittene regulatorische Kooperation. Das dafür zuständige Gremium soll erstmals im Sommer 2018 tagen. LobbyControl hat die Konsultation der EU-Kommission dazu genutzt, um umfassende Transparenz bei der Umsetzung zu fordern.
LobbyControl, Februar 2018
https://www.lobbycontrol.de/2018/02/ceta-wir-fordern-umfassende-transparenz-bei-der-anwendung
Trübe Aussichten für nachhaltige Entwicklung. Das Freihandelsabkommen der EU mit Indonesien (CEPA)
Auch mit Indonesien führt die EU derzeit Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen. Ein Factsheet von PowerShift wirft einen Blick auf Zeitplan und Inhalte der Verhandlungen.
PowerShift, Februar 2018
https://power-shift.de/wp-content/uploads/2018/02/factsheet_indonesien_web.pdf
Gedruckte Exemplare können per Email bei alessa.hartmann@power-shift.de bestellt werden.
Gutachten: Energiecharta-Vertrag widerspricht europäischem Recht
Der staatliche schwedische Energiekonzern Vattenfall verklagt die Bundesrepublik wegen
des Atomausstiegs auf 4,7 Milliarden Euro. Rechtliche Basis dafür ist der Vertrag über die
Energiecharta aus dem Jahr 1994. Ein Rechtsgutachten kommt zu folgendem eindeutigen Ergebnis: „Die Schiedsklausel des Energiecharta-Vertrags ist in einigen Punkten mit dem EU-Recht nicht vereinbar.“
Ciaran Cross und Dr. Vivian Kube (im Auftrag des Umweltinstitut München e.V.), Februar 2018
EU-Afrika-Politik: die europäischen Interessen stehen im Mittelpunkt
Das Grundsatzpapier beleuchtet die Politik der EU in ihrem Verhältnis zu den Staaten Afrikas und nimmt dabei unter anderem Bezug auf die Themen Geopolitik, Freihandel, Migration, Klimawandel und Landgrabbing, welche die politischen Beziehungen prägen.
Naturfreunde, Februar 2018
https://www.naturfreunde.de/grundsatzpapier-eu-afrika-politik-18
Handelspolitik: Qualitäten nach vorne stellen
Das Mercosur-Freihandelsabkommen bedroht EU-Landwirtschaft und bäuerliche Strukturen in Brasilien. Das Konzept des Qualifizierten Marktzugangs soll einen Ausweg aus der unfairen und festgefahrenen Handelspolitik ermöglichen: Damit hätte die EU das Recht, bei Importen von Agrarprodukten Qualitäten einzufordern.
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, März 2018
http://www.abl-ev.de/uploads/media/Seite3_aus_1803Bauernstimmeklein.pdf
Die Chance ergreifen. Die EU-Afrika-Handelsbeziehungen neu gestalten
Die Publikation dokumentiert eine Konferenz, die im Juni 2017 stattgefunden hat. Zu Wort kommen führende Persönlichkeiten der handelspolitischen Szene des afrikanischen Kontinents, die an den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen teilgenommen haben und ihre Erfahrungen mit der EU beschreiben. Ein ergänzendes Positionspapier beschreibt, wie Wege aus der Verhandlungskrise der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aussehen müssten.
Herausgegeben von Attac, Brot für die Welt, KASA, Germanwatch, Misereor, März 2018
+ + + Termine + + +
Filmabend: La Sirène de Faso Fani
9. April, 19 Uhr, Berlin
Attac Berlin lädt ins Regenbogenkino (Kreuzberg) zur Vorstellung des Films „La Sirène de Faso Fani“ aus Burkina Faso mit anschließender Diskussion. Der Abend ist die erste Veranstaltung in einer Filmreihe über die Handelspolitik des globalen Nordens in Afrika.
https://attacberlin.de/news/einladung-zum-filmabend-la-sirene-de-faso-fani
Welt-Uni 2018: „Freier Welthandel oder für die Welt fairhandeln? – Hintergründe und Alternativen zur Freihandelspolitik
13. bis 14. April 2018, Nürnberg
Wie kam es zu dem Abschluss zahlreicher Freihandelsabkommen, und haben diese die Situation der Menschen verbessert? Welche Risiken sind damit verbunden? Welche Rolle spielt die WTO? Haben Ansätze wie das „Alternative Handelsmandat“, „UN-Treaty on business and human rights“ realistische Chancen, sich durchzusetzen? Was können wir als Einzelne für eine faire Handelspolitik tun?
https://mission-einewelt.de/events/weltuni-freier-welthandel-und-fuer-die-welt-fairhandeln/
Was ändert sich durch die vorläufige Anwendung von CETA?
24. April 2018, 19 Uhr, Berlin
Im September 2017 trat das Freihandelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der Europäischen Union und Kanada vorläufig in Kraft. CETA tritt endgültig in Kraft, sobald die Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten den Wortlaut des Abkommens gemäß den Vorgaben ihrer jeweiligen Verfassungen ratifiziert haben. Soweit ist es (glücklicherweise) noch nicht. Jürgen Maier (Forum Umwelt & Entwicklung) wird im Vortrag beleuchten, was sich durch die vorläufige Anwendung geändert hat.
http://www.stoppt-ttip-berlin.de/?p=1191
Strategie- und Aktionskonferenz des Netzwerks Gerechter Welthandel
15./16. Juni 2018, Frankfurt am Main
Wie weiter im Widerstand gegen TTIP, CETA & Co. und dem Einsatz für eine global gerechte Handelspolitik? Die Konferenz richtet sich an alle freihandelskritisch Aktiven in lokalen und regionalen Bündnissen und Initiativen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
www.gerechter-welthandel.org/aktionskonferenz
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