Im Rahmen der europaweiten Kampagne „Menschenrechte schützen – Konzernklagen stoppen!“ rufen zahlreiche Organisationen zu einem dezentralen Aktionstag am 12. Oktober 2019 auf. Ziel des Aktionstages ist es, unseren Protest gegen Sonderklagerechte für Konzerne in die Öffentlichkeit zu tragen. Dies sind unsere Forderungen:
CETA nicht ratifizieren!
Das Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU mit Kanada wird bereits seit September 2017 zu großen Teilen vorläufig angewendet. Davon ausgenommen sind jedoch die Sonderklagerechte für Konzerne. Diese treten erst in Kraft, wenn das Abkommen von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert wird – und sie werden fatale Folgen haben: Kanadische Konzerne könnten dann EU-Mitgliedsstaaten auf Schadensersatz verklagen, wenn beispielsweise deren Umwelt- oder Klimaschutzmaßnahmen Gewinninteressen verletzen. In der Vergangenheit haben kanadische Konzerne unter anderem gegen den Stopp einer zerstörerischen Goldmine in Rumänien geklagt sowie gegen den Stopp des klima- und umweltschädlichen Pipeline-Projekts „Keystone XL“ durch die letzte US-Regierung. In beiden Fällen umfasste die geforderte „Entschädigung“ auch vermeintlich entgangene zukünftige Gewinne und betrug daher ein Vielfaches der bereits getätigten Investitionen. Ein weiterer kanadischer Konzern drohte Frankreich auf Basis des Energiecharta-Vertrags mit einer milliardenschweren Konzernklage, als ein Gesetzentwurf bekannt wurde, der die Förderung fossiler Brennstoffe bis spätestens 2040 beendet hätte. Der Gesetzentwurf wurde schließlich verwässert – auf Kosten des dringend nötigen Klimaschutzes!
Keine neuen Abkommen mit Sonderklagerechten abschließen!
Neben CETA stehen auch die Investitionsschutzabkommen der EU mit Singapur sowie Vietnam zur Ratifizierung in den EU-Mitgliedsstaaten an. Mit mindestens 10 weiteren Staaten verhandelt die EU derzeit ähnliche Abkommen, unter anderem mit Japan und Mexiko. Jedes dieser Abkommen würde die gefährliche Paralleljustiz noch weiter ausbauen und Gesetzgebung im Sinne von Mensch, Umwelt und Klima gefährden.
Auf internationaler Ebene wirbt die EU derzeit für die Errichtung eines globalen Investitionsgerichtshofes (Multilateral Investment Court, MIC). Auch dieser soll exklusiv für Konzerne zugänglich sein, die gegen staatliche Regulierungen zum Schutz von Klima, Mensch und Umwelt klagen wollen, und somit das System der Sonderklagerechte weiter ausbauen und verfestigen. Gewerkschaften, Umweltverbände oder Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Konzerne könnten sich hingegen nicht an diese Instanz wenden, um ihre Rechte durchzusetzen.
Konzerne zur Verantwortung ziehen!
Wenn es darum geht, Pflichten für Konzerne verbindlich zu verankern, zeigt sich die EU deutlich weniger engagiert als bei der Aushandlung neuer Handels- und Investitionsschutzabkommen: Seit Jahren wird von Nichtregierungsorganisationen die Verabschiedung eines rechtsverbindlichen UN Abkommens zu Wirtschaft und Menschenrechten (Binding Treaty) gefordert. Dieser würde die Einhaltung von Menschenrechten entlang der globalen Lieferketten völkerrechtlich verankern und Verstöße mit Sanktionen versehen. Die letzte Verhandlungsrunde fand im Oktober 2018 statt – für Deutschland nahm an der wichtigen Abschlussrunde nur eine Praktikantin teil. Die EU distanzierte sich von allen Verhandlungsinhalten. Die nächste Verhandlungsrunde findet im Oktober statt, zeitgleich zu den Verhandlungen der UNCITRAL, bei denen unter anderem auch über den MIC gesprochen wird. Das ist unsere Chance, die Forderung nach Konzernverantwortung öffentlich hörbar zu machen!
Auch die Bundesregierung scheut sich bisher, Pflichten für deutsche Konzerne einzuführen, damit diese im Ausland die Menschenrechte und grundlegende Umweltstandards einhalten. Während Frankreich 2018 ein nationales Sorgfaltspflichtengesetz verabschiedete, setzt Deutschland weiterhin auf freiwillige Selbstverpflichtungserklärungen der Konzerne, die in der Regel wirkungslos bleiben.
Alle weiteren Informationen zum Aktionstag gibt es unter https://www.gerechter-welthandel.org/aktionstag2019/
Beispiele für Schiedsgerichtsklagen von Konzernen gegen Staaten
Ausführliche Informationen zu diesen und weiteren Klagefällen unter http://10isdsstories.org/
Weitere Videos zu ISDS-Klagen sowie zur Kampagne „Menschenrechte schützen – Konzernklagen stoppen!“ gibt es auf unserem Youtube-Kanal.