Daumen hoch: gerechter Welthandel // Daumen quer:  das geht noch gerechter! // Daumen runter: völlig ungerecht!

Am 15. Mai findet die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen statt. Die Wahl hat nicht nur Auswirkungen auf die Landespolitik, denn mit einer Änderung der Regierungskoalitionen ändern sich auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Eine Entscheidung, die der Bundesrat in den kommenden Monaten oder Jahren fällen wird, ist das „Ja“ oder „Nein“ zur Ratifizierung des EU-Kanada-Abkommens CETA. Das Netzwerk Gerechter Welthandel Baden-Württemberg hat die Parteien [1] nach ihren Positionen zur Handelspolitik im Allgemeinen und zu CETA im Speziellen befragt, wir präsentieren im Folgenden die Antworten.

Der Wortlaut der Fragen lautete:

  • Wird sich Ihre Partei in Zukunft verstärkt für einen gerechten Welthandel und damit eine Abkehr von der bisherigen neoliberalen Handelsagenda einsetzen? 
  • Wird Ihre Partei das Pariser Klimaschutzabkommen in Zukunft zur verbindlichen Richtschnur für alle Handelsfragen machen? 
  • Können Sie verbindlich zusagen, dass Ihre Partei – bei einer Regierungsbeteiligung in NRW – ein JA zu CETA ausschließt, sodass die Landesregierung CETA im Bundesrat ablehnt oder sich enthält?

 

So positionieren sich die Parteien zu einer gerechten Handelspolitik

 

Die vollständige Antwort von Bündnis90/Die Grünen

1. Wird sich Ihre Partei in Zukunft verstärkt für einen gerechten Welthandel und damit eine Abkehr von der bisherigen neoliberalen Handelsagenda einsetzen?

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW setzen sich für einen fairen und nachhaltigen Welthandel ein. Internationale Handelsverträge müssen daher auf hohen sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards fußen und wirksame Sanktionsmechanismen beinhalten. Intransparente Verhandlungen über Vertragsbestandteile ohne angemessene Beteiligung von Parlamenten und Zivilgesellschaft lehnen wir ab, ebenso wie die Umgehung rechtsstaatlicher Prinzipien beispielsweise durch Schiedsgerichte. Unser Ziel ist es, nur noch solche Handelsabkommen auszuhandeln bzw. nachzuverhandeln, die diesen Ansprüchen gerecht werden.

2. Wird Ihre Partei das Pariser Klimaschutzabkommen in Zukunft zur verbindlichen Richtschnur für alle Handelsfragen machen?

Das Pariser Klimaschutzabkommen und die Agenda 2030 sind Richtschnur grüner Politik –selbstverständlich auch in der internationalen Handelspolitik. Wir setzen uns für Handelsabkommen ein, die zur Einhaltung der Klimaziele und zum Umweltschutz beitragen und hohen sozialen Standards gerecht werden. Eine wichtige Rolle spielt außerdem die öffentliche Beschaffung, da sie mit gezielter Nachfrage nach fair gehandelten und nachhaltigen Produkten eine Lenkungswirkung erzielen kann. Wir wollen daher das Tariftreue- und Vergabegesetz NRW novellieren und ökologische und soziale Mindeststandards für öffentliche Vergaben festlegen.

3. Können Sie verbindlich zusagen, dass Ihre Partei – bei einer Regierungsbeteiligung in NRW – ein JA zu CETA ausschließt, sodass die Landesregierung CETA im Bundesrat ablehnt oder sich enthält?

Das Freihandelsabkommen CETA lehnen wir in seiner jetzigen Form entschieden ab – Gleiches gilt im Übrigen für das MERCOSUR-Abkommen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW erkennen die Bedeutung des freien Handels mit unseren Partnern in Nord- und Südamerika an, insbesondere vor dem Hintergrund der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Verwerfungen auch im Welthandelssystem. Trotzdem darf es keine Umgehung internationaler Klima- und Sozialstandards geben.

Die vollständige Antwort der SPD

Wird sich Ihre Partei in Zukunft verstärkt für einen gerechten Welthandel und damit eine Abkehr von der bisherigen neoliberalen Handelsagenda einsetzen?

Ein gerechterer Welthandel ist seit jeher ein Antrieb der Wirtschaftspolitik der SPD – vom Nord-Süd-Bericht und Eine- Welt-Engagement Willy Brandts bis zur Durchsetzung des ersten Lieferkettengesetzes. Spätestens durch die Pandemie sollte klar sein, dass die neoliberale Erzählung von den entfesselten Märkten als Quelle des Wohlstands nicht stimmt. Wir brauchen einen entschlossenen, handlungsfähigen Staat. Das gilt auch in internationalen Marktverflechtungen. In unserem Einflussbereich müssen wir unserer Verantwortung auch in fernen Ländern nachkommen – bei den Arbeitsbedingungen in der Produktion unserer Konsumgüter, dem Rohstoffbedarf oder der Zerstörung lokaler Märkte durch den Export unserer Produktionsüberschüsse (bspw. Milch, Agrargüter). In allen Handels-, Wirtschafts- und Investitionsabkommen der EU werden verbindliche soziale, menschenrechtliche und ökologische Standards mit Beschwerde- und Sanktionsmechanismen vereinbart und öffentliche Streitschlichtungsmechanismen geschaffen werden.

 

Wird Ihre Partei das Pariser Klimaschutzabkommen in Zukunft zur verbindlichen Richtschnur für alle Handelsfragen machen?

Die SPD sieht die 2015 in Paris vereinbarten Klimaschutzziele als handlungsleitend für ihre Politik an. Mit dem Klimaschutzgesetz haben wir die Klimaschutzziele erstmals gesetzlich verbindlich fixiert. Jede künftige Regierung muss sich an festgelegten Reduktionszielen messen lassen und gegebenenfalls nachbessern, sodass wir bis 2045 bei null Nettoemissionen ankommen. Das betrifft die Sektorvorgaben für alle Wirtschaftsbereiche, auch den Handel; von 2030 bis 2040 müssen die jährlichen Treibhausgasemission sektorübergreifend gesenkt werden. Wir unterstützen zugleich die Pläne der EU-Kommission Umwelt- und Klimastandards in das aktuell diskutierte Lieferkettengesetz zu integrieren. Erfolgreich bewältigen können wir gerade den Klimawandel nur international.

Können Sie verbindlich zusagen, dass Ihre Partei – bei einer Regierungsbeteiligung in Saarland – ein JA zu CETA ausschließt, sodass die Landesregierung CETA im Bundesrat ablehnt oder sich enthält?

Ob es zu einer Zustimmungspflicht des Bundesrates bei CETA kommen wird, ist derzeit offen. Grundsätzlich stellt sich die SPD nicht gegen CETA. Auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes haben den Weg frei gemacht. Uns geht es um eine möglichst gute Ausgestaltung des Abkommens. Auf Betreiben der SPD ist der Vertrag erheblich verbessert worden. So wird es erstmals keine privaten Schiedsgerichte, sondern einen internationalen Handelsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern geben. Alle zukünftigen derartigen Abkommen der EU werden öffentliche Streitschlichtungsmechanismen aufweisen. Zusätzlich wurden Standards bei Arbeitnehmer- und Verbraucherrechten sowie beim Umweltschutz angehoben. Wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge, etwa die kommunale Wasserversorgung, werden geschützt. Auch das wird künftig durch verbindliche soziale Standards wie die ILO- Kernarbeitsnormen sowie menschenrechtliche und ökologische Standards mit konkreten Beschwerde- und Sanktionsmechanismen sichergestellt.

Die vollständige Antwort von Die LINKE
Sehr geehrter Herr Essig,
 
DIE LINKE unterstützt das Netzwerk gerechter Welthandel. Ihre drei Fragen beantworten wir alle mit Ja.
 
Weitere Positionen unserer Partei zur Forderung nach einem gerechten Welthandel können hier im Dossier unserer Bundestagsfraktion nachgelesen werden:
 
 
Mit freundlichen und solidarischen Grüßen
 
Irina Neszeri
Vorstandsreferentin
 
 
Die vollständige Antwort der FDP

Wird sich Ihre Partei in Zukunft verstärkt für einen gerechten Welthandel und damit eine Abkehr von der bisherigen neoliberalen Handelsagenda einsetzen?

Wir wollen, dass Deutschland international zum Fürsprecher des regelbasierten Freihandels wird und den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen vorantreibt. Hierfür muss die Bundesregierung innerhalb Europas und der Welt protektionistischen Tendenzen entgegentreten und eine aktive Führungsrolle bei Handelsverträgen, Investitionsabkommen und fairen Investitionsbedingungen einnehmen. Zugleich muss sie die institutionelle Verankerung einer regelbasierten Freihandelsordnung vorantreiben. Um die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in der Handelspolitik zu erhalten, wollen wir Freihandelsabkommen so gestalten, dass – wie etwa beim EU- Japan Abkommen – nur die Zustimmung des Europäischen Parlaments, nicht aber die von nationalen und regionalen Parlamenten benötigt wird. Dabei wollen wir in der EU und weltweit gegen Marktverzerrungen vorgehen, die zum Beispiel durch stark subventionierte Staatsunternehmen entstehen. Wir setzen uns zudem für den Grundsatz der Reziprozität ein, wonach Unternehmen nur dann Zugang zum europäischen Markt haben sollten, wenn das umgekehrt auch der Fall ist.

Wird Ihre Partei das Pariser Klimaschutzabkommen in Zukunft zur verbindlichen Richtschnur für alle Handelsfragen machen?

Wir bekennen uns auf Grundlage der Pariser Klimaschutzziele zum Ziel der Treibhausgasneutralität in Nordrhein-Westfalen bis 2045. Für die notwendige Begrenzung des CO2-Ausstoßes muss auf Bundesebene und international das stärkste und sinnvollste Instrument Anwendung finden: Die Ausweitung des Emissionshandels auf alle Sektoren. Seine Ausweitung über alle Sektoren und idealerweise auch über alle Staaten dieser Erde garantiert das Einhalten des Ziels der Klimaneutralität sowie die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf maximal 1,5 Grad. Gleichzeitig sorgt der Emissionshandel für die Suche nach den besten Lösungen zum geringsten Preis und ist damit effizient und fair. Bei der Ausweitung des Emissionshandels sind zunächst der Bund und die EU gefordert – langfristig ist jedoch klar, dass ein konsequenter Emissionshandel einer internationalen Ausweitung bedarf. Denn eine effiziente Klimapolitik gelingt nur dann, wenn global gehandelt wird. Klimaschutz ist und bleibt eine internationale Aufgabe und kann nur durch eine weltweite Zusammenarbeit vollständig erreicht werden.

Können Sie verbindlich zusagen, dass Ihre Partei – bei einer Regierungsbeteiligung in NRW – ein JA zu CETA ausschließt, sodass die Landesregierung CETA im Bundesrat ablehnt oder sich enthält?

Nein, wir wollen das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), das 2017 abgeschlossen wurde, endlich ratifizieren.

Die vollständige Antwort der CDU

Die CDU hat leider nicht geantwortet.

Anmerkung: Befragt wurden alle Parteien, die bereits im aktuellen Bundestag vertreten sind. Die AfD haben wir von der Befragung ausgeschlossen, da sie Sammelbecken unterschiedlicher Kräfte dient, in dem auch rechtsextreme Personen und Positionen vertreten sind. Zu unserem Selbstverständnis als Netzwerk Gerechter Welthandel gehört jedoch, dass wir jede Form von Rassismus, Rechtspopulismus und natioen Ressentiments entschieden ablehnen.