CETA, das Comprehensive Economic and Trade Agreement, wurde zwischen 2009 und 2014 unter strenger Geheimhaltung zwischen der EU-Kommission und der kanadischen Regierung ausgehandelt, selbst Parlamentarier*innen blieb der Zugang zu den Verhandlungsdokumenten verschlossen. Aufgrund massiver öffentlicher Proteste gab es bis 2016 Nachverhandlungen, die die problematischen Inhalte des Abkommens wie die besonders umstrittenene Paralleljustiz für Konzerne jedoch nicht beseitigten. Seit September 2017 sind große Teile des Abkommens vorläufig in Kraft. Ausgenommen sind die Bestimmungen zum Investitionsschutz und weitere Regelungen, die nicht in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen.
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Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13.10.2016 gehören zu den Bereichen, die nicht in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen, der Investitionsschutz inkl. Einrichtung eines Investitionsgerichts, Portfolioinvestitionen, internationales Seerecht, gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen und Arbeitsschutz.

Damit das Abkommen vollständig und endgültig in Kraft gesetzt werden kann, muss es von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. In Deutschland wurden mehrere Verfassungsklagen gegen CETA eingereicht. Sobald das Bundesverfassungsgericht sein Urteil gefällt hat,  kann mit der Einleitung des Ratifizierungsverfahrens gerechnet werden. Dies könnte noch in diesem Jahr passieren. Sowohl Bundestag als auch Bundesrat müssen dann über CETA abstimmen.

Im Bundesrat verfügen die Bundesländer, die unter Beteiligung von Bündnis90/Die Grünen und Die LINKE regiert werden, derzeit über Stimmenmehrheit. Wenn diese Parteien, die an den großen Demonstrationen gegen CETA teilgenommen und die Proteste stark unterstützt haben, auch auf Landesebene konsequent sind, kann CETA im Bundesrat verhindert werden. Auch die Freien Wähler Bayern, die das dortige Volksbegehren gegen CETA unterstützt haben und mittlerweile an der Regierung beteiligt sind, können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

 

 

Für den Stopp von CETA gibt es gute Gründe

CETA heizt den Klimawandel an und verschärft die sozialen und ökologischen Folgen der neoliberalen Globalisierung. Es beschneidet die sozial- und umweltpolitische Handlungsfähigkeit der Vertragsstaaten und beschädigt die Demokratie.

 

Als neoliberales Handelsabkommen stellt sich CETA gegen soziale und ökologische Nachhaltigkeit

Ceta gilt als Prototyp für die neuen Handelsabkommen der EU, die im Interesse globaler Konzerne tief in die Politikgestaltung der Vertragsstaaten eingreifen. Dem neoliberalen Gedanken der ungehinderten Entwicklung des freien Handels verpflichtet, zielen diese Abkommen auf das Zurückdrängen staatlicher Regulierungen, die beispielsweise dem Umwelt- und Verbraucher*innenschutz dienen. Dem Handelsinteresse untergeordnet sind Nachhaltigkeitsziele, wie zum Beispiel die Pariser Klimaziele oder die Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation. Während Handelsvereinbarungen durch einen zwischenstaatlichen Streitbeilegungsmechanismus geschützt sind, der das Verhängen von Strafzöllen ermöglicht, sieht keines dieser Abkommen Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Klima- oder Umweltziele vor.

Ein zentrales Ziel von CETA und ähnlichen Abkommen ist der Abbau so genannter „Handelshemmnisse“, wozu neben Zöllen und rein technischen Normen auch unterschiedliche gesetzliche Regeln (Standards) der Vertragsländer zum Umwelt-, Klima und Verbraucher*innenschutz sowie zu Arbeitsrechte gezählt werden. Denn bei den CETA-Verhandlungen ging es nicht nur um Zollsenkungen und Lieferkontingente. Es wurden auch Institutionen und Regelungen geschaffen, die es dauerhaft ermöglichen, „Handelshemmnisse“ zu minimieren und Standards anzugleichen. Und das bedeutet in aller Regel die Angleichung auf das jeweils niedrigere Schutzniveau.

 

Mächtige Ausschüsse greifen Schutzstandards an und beschädigen die Demokratie

Eine zentrale Rolle bei dieser Minimierung von „Handelshemmnissen“ nimmt der Gemischte CETA Ausschuss (Joint Committee) mit seinen neun Sonderausschüssen ein, dem die Auslegung und Umsetzung des Abkommens obliegt.

Ein Sonderausschuss, der sich mit dem Abbau von Handelshemmnissen im Bereich Verbraucher- und Umweltschutz befasst, ist der Gemischte Verwaltungsausschuss für gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (Joint Management Committee on Sanitary and Phytosanitary Measures, JMC-SPS). Wie alle CETA-Ausschüsse arbeitet er geheim, wird von Vertreter*innen der kanadischen Regierung und der EU-Kommission geleitet und ist gehalten, zur Beratung Interessensgruppen hinzuzuziehen. Ziel seiner Bemühung ist es, eine Einigung durch Angleichung oder gegenseitige Anerkennung unterschiedlicher gesetzlicher Standards herbeizuführen, die von den Vertragsparteien Kanada und EU rechtlich nachzuvollziehen ist. Aus Sitzungsdokumenten, die von der kanadischen NGO Council of Canadians veröffentlicht wurden, geht hervor, dass die kanadische Seite nicht nur eine Heraufsetzung der Grenzwerte für Pestizid- und Herbizidrückstände (Dimethoat und Glyphosat) in Lebensmitteln wünscht, sondern eine Abkehr vom gesamten europäischen Vorsorgeprinzip. Der CETA-SPS-Ausschuss beschloss den Unterlagen zufolge, sich aktiv für eine Änderung der EU-Vorschriften einzusetzen. Es bestätigt sich, dass der Abbau von „Handelshemmnissen“ im Rahmen von CETA den Umwelt- und Verbraucherschutz gefährdet.

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Das in der EU geltende Vorsorgeprinzip garantiert, dass Behörden ein Produkt vorsorglich verbieten können, wenn ein Verdacht auf ein Gesundheits- oder Umweltrisiko vorliegt. In Kanada und den USA muss eine Behörde erst einen wissenschaftlichen Beweis für die Gefährdung erbringen, bevor sie eingreifen kann. Im ausgehandelten CETA-Vertragstext ist das Vorsorgeprinzip zwar erwähnt, jedoch nicht ausreichend gesichert. Unter anderem ist es nicht vom Investitionsschutz ausgenommen, sodass sich die EU bei Streitschlichtungsfällen nicht erfolgreich auf das Vorsorgeprinzip berufen kann. Auch mit Schadensersatzklagen durch Investoren ist zu rechnen, wenn Verordnungen auf der Grundlage des Vorsorgeprinzips erlassen werden.

 

Ein anderer Sonderausschuss, das Regulatorische Forum (RCF), ist für den frühzeitigen Abgleich von Gesetzesvorhaben zuständig. Denn zur Vermeidung „unnötiger Handels- und Investitionshemmnisse“ sind die Vertragsparteien gehalten, sich im Wege regulatorischer Zusammenarbeit „möglichst frühzeitig“ über geplante Regulierungen auszutauschen. Das RCF bietet dafür eine Plattform, zu der auch „interessierte Kreise“ zum Beispiel aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft hinzugezogen werden können. Auf diese Weise können Lobbygruppen auf nationale Gesetzesinitiativen einwirken, lange bevor sie den Parlamenten vorgelegt werden. Weitere Sonderausschüsse arbeiten zu „Dienstleistungen und Investitionen“, „Öffentliche Beschaffung“, „Finanzdienstleistungen“ und anderem mehr. Der Ausschuss für „Warenhandel“, zuständig für Zoll und Technik, bildet auch Unterausschüsse zu Landwirtschaft und Arzneimittel.

Mit welcher Macht die Ausschüsse auf die Gesetzgebung der Vertragsstaaten einwirken, wird deutlich, wenn man sie in Verbindung mit der Kompetenzausstattung des übergeordneten Gemischten CETA-Ausschuss sieht: Zusammengesetzt aus Vertreter*innen der kanadischen Regierung und der EU-Kommission kann der Gemischte CETA-Ausschuss – ohne jegliche parlamentarische Rückbindung – bindende Beschlüsse zur Auslegung des Vertrags treffen und Änderungen von Vertragsteilen vornehmen. Unter anderem ist er befugt,  Anhänge zu ändern und Änderungen im Kapitel Handel und Arbeit vorzunehmen. Sollte CETA endgültig ratifiziert werden, wird er bei Investitionsschutzverfahren die Schiedsrichter*innen ernennen. Auch kann er dann Rechtsauslegungen auswählen, die zur Urteilsfindung heranzuziehen sind. Beschlüsse des Gemischten CETA-Ausschuss sind völkerrechtlich bindend und von den Vertragsparteien umzusetzen.

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Vgl. dazu das Gutachten zur Prof. Dr. Martin Nettesheim, Uni Tübingen 2017, S. 17.ff. www.foodwatch.org/uploads/media/Nettesheim_Studie_CETA-Grundgesetz_25Juni2017.pdf sowie die Klageschrift von Prof. Dr. Bernhard Kempen zur Verfassungsbeschwerde gegen CETA  2016, ab S. 103 ff. https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2016-08-30_CETA-Klage.pdf

 

Es ergibt sich ein massives Demokratieproblem:

Die Beschlüsse des Gemischten CETA-Ausschusses – sei es zur Marktöffnung der öffentlichen Daseinsvorsorge, zu Finanzdienstleistungen, zu Investitionsschutzverfahren oder Arbeitsstandards – können weder von nationalen Parlamenten noch vom EU-Parlament korrigiert werden. Die Gesetzgebungshoheit nationaler Parlamente ist ausgehebelt, die staatliche Handlungsfähigkeit zu Aufgaben wie Klimaschutz, Agrarwende oder Arbeitsrechten beschränkt.

Gegen die Machtausstattung des Gemischten CETA-Ausschuss und seiner Sonderausschüsse wurden mehrere Verfassungsklagen beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

 

CETA weitet Sonderklagerechte für Konzerne aus

Eine zusätzliche Beschränkung politischer Handlungsspielräume droht mit den Bestimmungen zum Investitionsschutz, die nach einer vollständigen Ratifizierung von CETA in Kraft treten würden. Sie sehen einseitige Klagerechte für Konzerne gegen Staaten vor, die auf dem Sonderweg eines Investitionsgerichtssystems (ICS) verhandelt werden. Kanadische Investoren könnten damit die EU und ihre Mitgliedstaaten auf hohen Schadensersatz verklagen, wenn sie ihre „legitimen“ Gewinnerwartungen durch politische Entscheidungen – zum Beispiel stärkere umwelt- oder arbeitsrechtliche Regulierungen – geschmälert sehen. Da das Klagerecht sehr weit gefasst ist, wären alle kanadischen Investoren, die Niederlassungen in einem EU-Staat haben, klageberechtigt (und umgekehrt könnten Investoren aus der EU gegen Kanada klagen).

Aufgrund der massiven Proteste wurde das Investitionsschutzkapitel zwar nachgebessert. So werden die Schiedsrichter bei CETA-Investitionsstreitigkeiten beispielsweise nicht mehr von den Streitparteien selbst ausgewählt, zudem erhalten sie eine Grundvergütung. Das Kernproblem einer Paralleljustiz, die Investoren erlaubt, nationale Rechtssysteme zu ihren Gunsten zu umgehen, blieb jedoch bestehen.

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Während beispielsweise die Rechtsprechung deutscher Gerichte die verfassungsrechtlich verankerte Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums beachten muss, würde ein ICS lediglich auf der Basis des Investitionskapitels von CETA urteilen, das schwammige Rechtsbegriffe wie „gerechte und billige Behandlung“ oder „indirekte Enteignung“ vorgibt. Der Deutsche Richterbund sprach sich im Rahmen der TTIP-Diskussionen 2016 gegen die Errichtung eines solchen Gerichtshofes aus.

 

Einen Eindruck der Auswirkungen dieser Paralleljustiz bieten Klagen, die Investoren auf Basis ähnlicher Abkommen gegen Staaten angekündigt oder eingereicht haben. 2018 drohte der kanadische Energiekonzern Vermilion Frankreich mit einer Entschädigungsklage, weil der Umweltminister das Ende der Erdöl- und Erdgasförderung einläuten wollte. Kurz danach wurde das geplante Gesetz abgeschwächt und die Förderung blieb bis 2040 erlaubt. Aktuell will der Energiekonzern Uniper die Niederlande auf Entschädigung verklagen, da das Land den Kohleausstieg bis 2030 beschlossen hat. Rechtliche Basis ist in beiden Fällen der Vertrag über die Energiecharta.

Auf Basis des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA verklagte das kanadische Energieunternehmen TransCanada die USA im Jahr 2015 auf 15 Milliarden Dollar Schadensersatz, weil Präsident Obama den Bau der Keystone XL Pipeline zum Transport von kanadischem Teersandöl nach Texas unter Hinweis auf das Pariser Abkommen gestoppt hatte. (Mit Rücknahme des Baustopps durch Präsident Trump wurde die Klage obsolet, geblieben sind jedoch die zu erwartenden Umwelt- und Gesundheitsbelastungen durch die Pipeline, die quer durch die Territorien der indigenen Bevölkerung in Dakota und Montana führt.)

 

CETA gefährdet den Klimaschutz und den Ausstieg aus fossilen Energien

Klimaschutz erfordert den Ausbau regionaler Wirtschaftskreisläufe und die Verringerung des Handels mit klimaschädlichen Produkten, Daher ergibt sich ein grundsätzlicher Widerspruch zu Handels- und Investitionsschutzabkommen wie CETA, die der stetigen Ausweitung des globalen Handels verpflichtet sind, der selbst das Klima untergeordnet ist. Wenngleich der Gemischte CETA-Ausschuss bei seiner ersten Sitzung im Oktober 2018 verstärkte Bemühungen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens empfohlen hat, blieb das ohne vertragliche Konsequenz. Eine Bestimmung, Klimaschutz von den Konzernklagerechten auszunehmen, gibt es bei CETA nicht. Auch beim zwischenstaatlichen Streitbeilegungmechanismus spielt Klimaschutz faktisch keine Rolle. Während Verstöße gegen Handelsvereinbarungen durch Strafzölle und andere Maßnahmen geahndet werden können, sind bei Klimasünden lediglich zahnlose Mechanismen wie Konsultationen vorgesehen.

Die Unterordnung des Klimas unter Handelsinteressen drückt sich auch im Warenhandel zwischen der EU und Kanada aus: Seit der vorläufigen Anwendung von CETA nahm der Handel mit fossilen Treibstoffen kräftig zu, allein der Import von kanadischem Rohöl in die EU verdoppelte sich zwischen 2017 und 2018. 97 Prozent des kanadischen Erdöls bestehen aus dem besonders klimaschädlichen Teersandöl, für dessen Export die kanadische Erdöllobby bei den CETA-Verhandlungen erfolgreich gekämpft hat. Seine Förderung geht mit dem Abholzen riesiger Urwaldflächen von der Größe Englands einher und vergiftet das Lebensumfeld der indigenen Bevölkerung. Einer Studie der Stanford-Universität zufolge weist Teersandöl 23 Prozent höhere CO2-Werte auf als konventionelles Öl. Sein Import nach Europa wurde möglich, weil die EU dem Druck der kanadischen Ölindustrie nachgab und eine Treibstoffqualitätsrichtlinie zurückzog, die den Absatz in Europa de facto unterbunden hätte.

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Um den CO₂-Ausstoß bis 2020 zu senken, hatte die EU Kommission 2009 eine Treibstoffqualitätsrichtlinie vorgeschlagen, die Teersandölen entsprechend dieser Berechnungen um 23 Prozent höhere Emissionswerte zurechnete. Nach jahrelangem Widerstand der Teersandlobby und der Drohung Kanadas, die CETA Verhandlungen scheitern zu lassen, zog die EU die Richtlinie zurück. In der Treibstoffqualitätsrichtlinie, die das EU-Parlament schließlich verabschiedete, war Teersandöl gleich bewertet wie herkömmliches Mineralöl. Durch das Einknicken der EU wurde nicht nur der europäische Import von Teersandöl möglich. Es wurde auch ein Einfallstor für die Teersandindustrie geschaffen, EU-Staaten im Falle von Importverboten aufgrund schlechter Klimawerte wegen Diskriminierung zu verklagen.

 

Der Druck von Energieunternehmen, die in fossile Energien investieren, dürfte nach der endgültigen Ratifizierung von CETA mit Inkrafttreten der Konzernklagerechte steigen. Zumal die Investitionen in Erdöl und Gas nach dem Pariser Abkommen nicht zurückgegangen, sondern einer Analyse der amerikanischen NGO Rainforest Action Network zufolge sogar erheblich gestiegen sind. Einen bedeutenden Teil machen Investitionen in kanadisches Teersandöl und Flüssiggas (LNG) aus, mit denen amerikanische und europäische Energiekonzerne die Pariser Klimaziele unterlaufen. Auch der Energieriese Uniper mit Sitz in Düsseldorf stärkt das Gasgeschäft und unterstützt den Ausbau eines Terminals für den LNG-Export nach Europa durch einen langfristigen Vertrag, der die Abnahme von jährlich fünf Millionen Tonnen über 20 Jahre garantiert.

Von der Energiewirtschaft als „saubere“ Alternative zu Kohle und Schiffsdiesel gepriesen, hat Flüssiggas laut Weltklimarat (IPCC) eine schlechte Klimabilanz: Sein Hauptbestandteil ist Methangas, das in den ersten 20 Jahren seiner Freisetzung 84mal so stark auf das Klima wirkt wie CO2. Ein Drittel der Methangasemissionen geht auf die Verbrennung fossiler Energieträger zurück. Um den Klimawandel einzudämmen, müssen wir schnellstmöglich aus allen fossilen Energien aussteigen. Die globale Entwicklung ist jedoch eine andere, weltweit expandiert die Gasindustrie und ein Großteil der geplanten LNG-Terminals sollen in Kanada und den USA entstehen. Würde CETA ratifiziert, erhielten Energiekonzerne mit den Konzernklagerechten ein mächtiges Instrument, den Ausstieg aus fossilen Energien zu torpedieren. 

 

CETA schadet der bäuerlichen Landwirtschaft

Obwohl die EU jährlich über eine Million Tonnen Rind- und Schweinefleisch in Drittländer exportiert, stockte sie zwei Jahre nach dem Pariser Abkommen bei den CETA-Verhandlungen die zollfreien Importquoten für kanadisches Rind- und Schweinefleisch um mehr als 120.000 Tonnen auf. Im Gegenzug kann sie bis zu 16.000 Tonnen Käse zollfrei nach Kanada exportieren. In Kanada ist Fleisch aufgrund niedrigerer Tierschutzstandards billiger als in der EU, während die dortigen Milchpreise der Einkommenssicherung der Bäuer*innen dienen und höher sind als in der EU. CETA hält also einen Dumpingwettbewerb in Gang, der soziale und ökologische Standards senkt – zu Lasten des Klimas und der bäuerlichen Landwirtschaft.

 

CETA gefährdet die öffentliche Daseinsvorsorge und den kommunalen Klimaschutz

Im Interesse der Erweiterung des Handels mit Dienstleistungen gibt CETA weitreichende Liberalisierungsverpflichtungen für die öffentliche Daseinsvorsorge vor und verschärft den Privatisierungsdruck. Bei CETA gilt erstmals der so genannte Negativansatz. Diesem zufolge unterliegen alle Versorgungsleistungen, die nicht explizit ausgenommen sind, der Marktöffnung. Öffentliche Anbieter haben mit kommerziellen Dienstleistern aus dem Vertragsgebiet zu denselben Bedingungen zu konkurrieren. Betroffen sind selbst zukünftige Dienstleistungen. Einmal vorgenommene Liberalisierungen sind unumkehrbar. Mithin können Privatisierungen städtischer Versorgungsbetriebe – seien es Krankenhäuser oder der Öffentliche Nahverkehr – nach CETA nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die finanzielle Förderung kommunaler Energiebetriebe, Wohnungsbaugesellschaften oder gemeinnütziger Träger von Pflegeeinrichtungen, die keine Monopolstellung inne haben, kann als wettbewerbsverzerrend geahndet werden.

Auch die kommunale Beschaffung, der Einkauf von Waren und Dienstleistungen, unterliegt nach CETA der Marktöffnungspflicht. So müssen Aufträge zur Beschaffung von Energielieferungen oder sozialen Diensten schon bei niedrigen Schwellenwerten in allen Vertragsländern, auch in Kanada, ausgeschrieben und nach dem Grundsatz des niedrigsten Preises vergeben werden. Vergabekriterien, die auf Förderung der Region gerichtet sind, sind bei CETA untersagt. Die Frage, ob ökologische Vergabekriterien zulässig sind, ist nicht klar geregelt. Das heißt, auch der Einkauf Erneuerbarer Energien kann von billigeren Anbietern fossiler Energien angegriffen werden. All das greift in die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung ein und beschränkt die Möglichkeiten einer klimaneutralen und sozialen Kommunalpolitik.

 

CETA

  • entmachtet die Parlamente und beschädigt die Demokratie
  • erweitert Sonderklagerechte für Konzerne
  • gefährdet den Ausstieg aus fossilen Energien
  • befeuert den Klimawandel
  • verschärft den Privatisierungsdruck auf die öffentliche Daseinsvorsorge 
  • heizt den Dumpingwettbewerb um niedrige soziale und ökologische Standards an
  • setzt die bäuerliche Landwirtschaft weiter unter Druck

 

Noch besteht die Chance, die endgültige Ratifizierung von CETA zu verhindern:

Im Bundesrat sind 35 JA-Stimmen von 69 notwendig, um CETA zu ratifizieren. Wenn die Bundesländer mit grüner und linker Regierungsbeteiligung sowie unter Beteiligung der Freien Wähler mit NEIN stimmen oder sich der Stimme enthalten, kann CETA nicht ratifiziert werden. Auch die SPD ist dazu aufgerufen, sich gegen CETA zu engagieren. 

Insbesondere die Grünen mit ihrer Regierungsbeteiligung in 11 von 16 Bundesländern haben es in der Hand, CETA im Bundesrat zu stoppen!

 

Autorinnen: Isolde Albrecht, Anne Bundschuh