Am 14. März findet die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz statt. Die Wahl hat nicht nur Auswirkungen auf die Landespolitik, denn bei einer Änderung der Regierungskoalition ändern sich auch die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. Eine Entscheidung, die der Bundesrat in den kommenden Monaten oder Jahren fällen wird, ist das „Ja“ oder „Nein“ zur Ratifizierung des EU-Kanada-Abkommens CETA. Wir haben die Parteien [1] nach ihren Positionen befragt und präsentieren im Folgenden ihre Antworten.

Der Wortlaut unserer Frage lautete: Werden Sie sich im Fall einer Regierungsbeteiligung dafür einsetzen, dass Rheinland-Pflaz dem EU-Kanada-Abkommen CETA im Bundesrat nicht zustimmt?

 

So positionieren sich die rheinland-pfälzischen Parteien zu CETA

 

Für die SPD Rheinland-Pfalz „spricht aktuell nichts gegen eine Ratifizierung“ des CETA-Abkommens. Als einzigen früheren Kritikpunkt erwähnt die Partei die Ratifizierung der ILO Kernarbeitsnormen durch Kanada, die mittlerweile erfolgt ist.

Tatsächlich wurde CETA in den Jahren 2015/2016 jedoch innerhalb der Sozialdemokratie aus zahlreichen Gründen hochkontrovers diskutiert, insbesondere wurden auch die im Abkommen verankerte Paralleljustiz für Konzerne sowie der unzureichende Schutz der öffentlichen Dienstleistungen abgelehnt. Durch einen Beschluss auf dem Wolfsburger Parteikonvent 2016 wurde die Zustimmung der Bundes-SPD zum Abkommen ermöglicht, dabei jedoch klare Bedingungen formuliert. Aus Sicht des Netzwerks Gerechter Welthandel sind diese Bedingungen nicht erfüllt, insbesondere sieht das Abkommen weiterhin Sonderklagerechte für ausländische Investoren vor, die nach der vollständigen Ratifizierung in Kraft treten. Zahlreiche Sozialdemokrat*innen lehnen CETA daher weiterhin ab, darunter auch die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: In unserem Wahlprüfstein 2019 bezeichneten sie das Abkommen als „unzureichend“ und empfahlen ihren Parteigenoss*innen, „das Abkommen genau zu lesen, die Rechtsfolgen zu verstehen und das fundamentale Prinzip der demokratischen Gleichheit nicht auf dem Altar kurzfristiger Interessen der Export-Industrie zu opfern“.

Die vollständige Antwort der SPD Rheinland-Pfalz

„Ein gemeinsames Handels- und Investitionsabkommen soll die guten Beziehungen zwischen der EU und Kanada noch weiter stärken. Der Marktzugang für europäische Industriegüter, Agrarprodukte und Dienstleistungen sowie im Bereich des öffentlichen Auftragswesens wird deutlich verbessert – gleichzeitig werden die hohen sozialen und ökologischen Standards bekräftigt. Seit der Unterzeichnung von CETA durch die EU und Kanada im Februar 2017 werden die Regeln bereits vorläufig angewandt.

Der SPD war in diesem Abkommen besonders wichtig, dass die Arbeitsschutz-Vorgaben von Kanada ratifiziert werden. Die acht geforderten ILO-Konventionen wurden bis Mitte 2017 von Kanada per Ratifikation angenommen, darunter die Konvention 138 zum Mindestalter der Beschäftigten und die Konvention 98 zu kollektiven Tarifverhandlungen. Aus Sicht der rheinland-pfälzischen SPD spricht aktuell nichts gegen eine Ratifizierung. Im Vorfeld der tatsächlichen Entscheidung und unter Vorlage der konkreten Beschlussvorlagen wird dies erneut zu diskutieren sein.“

 

Die CDU Rheinland-Pfalz wird sich „nicht gegen CETA stellen“. Eine detaillierte Einschätzung des Abkommens enthält die Antwort auf unseren Wahlprüfstein nicht.

Die vollständige Antwort der CDU Rheinland-Pfalz

„Handel und eine starke Wirtschaft sind für uns wichtig, um Rheinland-Pfalz voranzubringen und stark zu machen. Wir werden uns deshalb als CDU Rheinland-Pfalz nicht gegen Mehrheiten in Bundesrat und Bundestag und nicht gegen Ceta stellen. Aber wir werden noch mehr tun: Im globalen Handel insgesamt und speziell und der Entwicklungspartnerschaft. Global denken und lokal handeln steht dabei im Fokus. Unsere über Jahrzehnte gewachsene Partnerschaft mit Ruanda werden wir mit neuem Leben erfüllen. Unser Nachbar Afrika ist für uns in Europa ein Partner auf Augenhöhe. Wir wollen deshalb als deutsches Bundesland im Wege einer neuen Entwicklungspartnerschaft nachhaltige Produktionsketten und zukunftsweisende Handelsbeziehungen entwickeln, die neben den beiderseitigen ökonomischen Vorteilen immer auch unsere gemeinsame ökologische Verantwortung im Blick hat.“

 

Die FDP Rheinland-Pfalz will dem CETA-Abkommen zustimmen. Ihr zufolge schafft „der gegenseitige und freie Austausch von Waren […] wichtige Arbeitsplätze und stärkt die Beziehungen zu unseren Partnerländern“, Nachteile am Abkommen werden nicht gesehen.

Die vollständige Antwort der FDP Rheinland-Pfalz

„Nein. Wir Freie Demokraten bekennen uns zum internationalen Freihandel. Dazu gehört auch die Zustimmung zum CETA-Abkommen. Der gegenseitige und freie Austausch von Waren schafft wichtige Arbeitsplätze und stärkt die Beziehungen zu unseren Partnerländern.“

 

Die rheinland-pfälzischen Grünen geben keine klare Antwort auf die Frage nach ihrem Abstimmungsverhalten zu CETA im Bundesrat. Allerdings nennen sie Kriterien für die Zustimmung zu Handelsabkommen: Dazu gehört die Wahrung des europäischen Vorsorgeprinzips sowie die Möglichkeit für Staaten und der EU, „eigene, höhere Standards in Bezug auf Klima-, Umwelt- und Verbraucher*innenschutz festzulegen“. Außerdem sind Sonderrechte und Sonderjustiz für Konzerne „auszuschließen“. Wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, will die Partei CETA im Bundesrat nicht zustimmen.

Wenn die Grünen konsequent nach den von ihnen selbst formulierten Anforderungen an Handelsabkommen abstimmen, ist davon auszugehen, dass sie die vollständige Ratifizierung von CETA ablehnen werden.

Die vollständige Antwort von Bündnis90/Die Grünen Rheinland-Pfalz

„Unser Grundsatzprogramm hält fest, dass die Handelspolitik der EU ein starkes Instrument ist, um Umwelt-, Tier- und Klimaschutz, die Einhaltung der Menschenrechte und soziale Standards wie den Schutz von Arbeitnehmer*innen-Rechten mit Wirtschaftsinteressen in Einklang zu bringen und weltweit durchzusetzen. Bereiche der Daseinsvorsorge, also öffentliche Güter wie beispielsweise Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit oder Wasser, sind staatliche Aufgaben und unterliegen einem öffentlichen Interesse. Sonderrechte und Sonderjustiz für Konzerne sind auszuschließen. Handelsabkommen dürfen es Staaten und der EU nicht erschweren, eigene, höhere Standards in Bezug auf Klima-, Umwelt- und Verbraucher*innenschutz festzulegen. Das europäische Vorsorgeprinzip ist stets zu wahren.

Sollte CETA in der im Bundesrat zustimmungsbedürftigen Fassung diesen Kriterien nicht entsprechen, werden wir dem nicht zustimmen.“

 

Die LINKE Rheinland-Pfalz lehnt CETA sowie ähnliche Abkommen ab und will sich „dafür einsetzen, dass der Bundesrat CETA ablehnt“. Stattdessen fordert sie eine „Neuausrichtung der EU-Handelspolitik“, bei der Arbeitnehmer-, Umwelt- und Verbraucherschutz „Vorfahrt vor privaten Profitinteressen“ haben müssen.

In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei, dass Sonderklagerechte für Konzerne aus CETA sowie aus allen anderen EU-Handelsverträgen gestrichen werden müssen. Deutschland solle „neoliberalen Freihandels- und Konzernschutz-Abkommen“ nicht zustimmen.

Die vollständige Antwort von Die LINKE Rheinland-Pfalz

„DIE LINKE lehnt derartige Abkommen ab. Wir stehen für eine Neuausrichtung der EU-Handelspolitik. Arbeitnehmer-, Umwelt- und Verbraucherschutz müssen Vorfahrt haben, vor privaten Profitinteressen. Vor allem aus politischen Gründen, aber auch weil CETA mit dem deutschen Grundgesetz unvereinbar ist, hat bereits die Bundestagsfraktion der LINKEN vor dem Bundesverfassungsgericht gegen das Abkommen geklagt und zahlreiche parlamentarische Initiativen ergriffen, um das Abkommen zu stoppen. Auch in Rheinland-Pfalz werden wir uns dafür einsetzen, dass der Bundesrat CETA ablehnt.“

 

Die Freien Wähler Rheinland-Pfalz „wollen nicht länger mit einzelnen Staaten Handelsabkommen abschließen“, enthalten sich jedoch einer klaren Aussage zu CETA und zu ihrem möglichen Abstimmungsverhalten im Bundesrat. Sie sehen das Abkommen als ein Beispiel „für das Scheitern der Welthandelsorganisation, faire Regeln für den globalen Handel aufzustellen“ und fordern deshalb eine „Wiederbelebung der Welthandelsrunden […], bei denen die Industrieländer verantwortungsvoller auf die Interessen der ärmeren Länder dieser Welt eingehen müssen“.

Die vollständige Antwort der Freien Wähler Rheinland-Pfalz

„Wir wollen nicht länger mit einzelnen Staaten Handelsabkommen abschließen. CETA, TTIP und das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen sind Beispiele für das Scheitern der Welthandelsorganisation, faire Regeln für den globalen Handel aufzustellen. Deshalb setzen wir uns für eine Wiederbelebung der Welthandelsrunden ein, bei denen die Industrieländer verantwortungsvoller auf die Interessen der ärmeren Länder dieser Welt eingehen müssen.“

 

Grafische Darstellung der Ergebnisse

 

 

 

Hintergrund zur Ratifizierung von CETA

Das Handels- und Investitionsschutzabkommen der EU mit Kanada (CETA) wird seit September 2017 zu großen Teilen vorläufig angewandt. Unter anderem die umstrittenenen Sonderklagerechte für Konzerne können jedoch erst in Kraft treten, wenn das Abkommen von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde. In Deutschland müssen sowohl Bundestag als auch Bundesrat grünes Licht geben. Im Bundesrat ist eine absolute Mehrheit von 35 Ja-Stimmen nötig, um CETA zu ratifizieren. Wenn alle Parteien, die die Proteste gegen CETA unterstützt haben, an dieser Position festhalten und der Ratifizierung nicht zustimmen, kann das Abkommen nach aktueller Sitzverteilung noch gestoppt werden!

 

Weitere Informationen zu unserer Kritik am EU-Kanada-Abkommen: „7 Gründe gegen CETA“ (Juni 2019)

 

 

 
 
Anmerkung: Befragt wurden alle Parteien, die bereits im aktuellen Landtags vertreten sind, sowie Die Linke und die Freien Wähler. Die AfD haben wir von der Befragung ausgeschlossen, da sie Sammelbecken unterschiedlicher Kräfte dient, in dem auch rechtsextreme Personen und Positionen vertreten sind. Zu unserem Selbstverständnis als Netzwerk Gerechter Welthandel gehört jedoch, dass wir jede Form von Rassismus, Rechtspopulismus und natioen Ressentiments entschieden ablehnen.